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Pistorius: Deutschland liefert drei Raketenwerfer an Kiew

10. Mai 2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat in den USA den Ankauf von drei Himars-Raketenwerfern für die Ukraine angekündigt. Dem US-Kollegen Lloyd Austin sicherte er ein stärkeres militärisches Engagement Deutschlands zu.

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Philippinen | HIMARS-Raketenwerfer während des Manövers "Balikatan" (01.05.2024)
HIMARS-Raketenwerfer der USA (bei einem Mannöver auf den Philippinen Anfang Mai)Bild: Kyodo/picture alliance

Die Raketenwerfer stammten aus Beständen der US-Streitkräfte "und werden von uns bezahlt", sagte Boris Pistorius nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen Lloyd Austin in Washington. Die Artillerie-Systeme kosten einen höheren zweistelligen Millionenbetrag. Die Lieferung erfolge in Zusammenarbeit mit Washington. Das High Mobility Artillery Rocket System (Himars) ist ein Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesystem, das auf einem Lastwagenfahrgestell montiert ist. Es hat eine Reichweite von etwa 75 Kilometern und wurde zuerst im Juni 2022 an die Ukraine geliefert. Es zwang die russische Armee im Ukraine-Krieg unter anderem, ihre Nachschubdepots in größerer Entfernung von der Front anzulegen.

Vor seinem Treffen mit Austin hatte Pistorius am Donnerstag den Rüstungskonzern Raytheon besucht, der unter anderem das Luftabwehrsystem Patriot herstellt. Dort habe er mit der Geschäftsführung auch über die mögliche Verkürzung von Lieferfristen gesprochen, sagte Pistorius. Im Sommer solle ein neuer Vertrag über den Kauf weiterer Patriots unterzeichnet werden.

Der Minister besuchte außerdem ein Hubschrauberwerk des Rüstungsunternehmens Boeing in Philadelphia. Dort wird der schwere Transporthubschrauber vom Typ CH47-F "Chinook" gebaut. Deutschland hat für die Bundeswehr 60 Stück davon in der modernsten Variante Block II bestellt. Sie sollen künftig die Hauptlast in der Luftwaffe bei der Verlegung von Personal und Material tragen. Pistorius wurde versichert, dass eine Lieferung bis 2027 erfolgen könne.

Boris Pistorius besichtigt einen Chinook-Hubschrauber bei einem Besuch der Firma Boeing
Boris Pistorius besichtigt einen Chinook-Hubschrauber bei einem Besuch der Firma BoeingBild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Pistorius trommelt für größere Rolle Deutschlands

In Washington sicherte Verteidigungsminister Boris Pistorius dem wichtigsten NATO-Partner USA die Bereitschaft der Bundesrepublik zu, mehr militärische Verantwortung für die Sicherheit in Europa und der Welt zu übernehmen. Zugleich rief er die US-Regierung auf, im gemeinsamen Engagement auch in Europa nicht nachzulassen. "Wir werden beide weiterhin als enge Partner, als Verbündete und als Freunde zusammenarbeiten. Das ist wichtiger denn je in der Welt und ich bin zuversichtlich, dass wir zusammen viel erreichen können", sagte bei einer Unterredung mit seinem Kollegen Lloyd Austin im Pentagon. Pistorius wurde dort mit vollen militärischen Ehren empfangen, einer Zeremonie mit erweiterter Ehrengarde und Militärkapelle.

Die Verteidigungsminister Boris Pistorius und Lloyd Austin geben sich in Washington die Hand
Freundliche Begrüßung in Washington: die Verteidigungsminister Boris Pistorius (links) und Lloyd Austin Bild: Kevin Wolf/AP Photo/picture alliance

Pistorius betonte, Deutschland sei zu "mehr Beiträgen zu einer fairen transatlantischen Lastenteilung" bereit. Er nannte das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels der Verteidigungsausgaben in der NATO, die angelaufene Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade in Litauen sowie die Luftverteidigungsinitiative in Europa, die Deutschland angestoßen hat.

Deutschland und USA "im Gleichschritt"

Austin zählte in einer Ansprache im Pentagon auf, was Deutschland für die Verteidigung der Ukraineund in der NATO leiste und auch für die Sicherheit im Nahen Osten, in Afrika und auf dem Balkan. "Ob bei der Abschreckung gegen eine Aggression des Kremls oder der Stärkung der Stabilität im Indo-Pazifik, unsere zwei stolzen Demokratien sind im Gleichschritt", sagte Austin. Er sagte weiter: "Deutschland bleibt einer unserer stärksten und verlässlichsten Partner."

Später hielt Pistorius an der renommierten Johns-Hopkins-Universität eine sicherheitspolitische Grundsatzrede. Darin skizzierte der Verteidigungsminister eine gewichtigere Rolle Deutschlands im Bündnis. So betonte der SPD-Politiker, dass Deutschland zu einer sicherheitspolitischen Führungsrolle in Europa bereit sei und die militärischen Fähigkeiten dafür bereitstellen werde. Deutschland sei ein standfester Verbündeter und fähig und bereit, seine Aufgabe im Bündnis und in der globalen Politik zu übernehmen. 

Plädoyer für deutsche Wehrpflicht

Pistorius erläuterte in Washington den neuen Kurs Deutschlands – eine Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Deutschland sei inmitten eines militärischen Aufbauprozesses und habe lange gepflegte Zurückhaltung aufgegeben - wie bei der Lieferung von Waffen in Kriegsgebiete. Dass Deutschland die Wehrpflicht aufgegeben habe, wolle er korrigieren und sagte zur Begründung: "Die Zeiten haben sich verändert." Er fügte hinzu: "Ich bin der Überzeugung, dass Deutschland eine Art der Wehrpflicht benötigt." Militärische Standhaftigkeit müsse sichergestellt werden.

Deutschland: Erneute Debatte über Wehrpflicht

Zugleich merkte Pistorius an, den Europäern sei bewusst, dass die USA ihre Aufmerksamkeit auf den Indo-Pazifik richteten und auf Chinas Aufrüstung, aggressive Wirtschaftspolitik und Streben nach geopolitischer Dominanz reagieren müssten. Deutschland sei entschlossen, auch da einen Beitrag zur regelbasierten Ordnung zu leisten. "Ich bin überzeugt, dass nur Amerika und Europa zusammen den Westen stark erhalten und gegen Russlands expansionistische Ambitionen und den Hunger anderer Akteure nach Macht und Vorherrschaft verteidigen können", sagte Pistorius. Und: "Meine Botschaft heute ist: Wie in anderen Momenten der transatlantischen Partnerschaft wie der Berliner Luftbrücke, dem Marshall-Plan oder der Wiedervereinigung Deutschlands - lassen sie uns diese transatlantische Gelegenheit einmal mehr ergreifen."

kle/sti (afp, dpa, rtr)